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Eine kleine Geschichte

In meinem heutigen Beitrag möchte ich dir eine kleine Geschichte erzählen. Sie startet mit einer unscheinbaren Email die ich im November erhielt & die mich zu Tränen rührte. Warum? Das erzähle ich dir gleich – doch erst einmal die Mail:


Email mit herzlichen Grüßen von Teresa
Original Email von Teresa

Liebe Frau Schäfer,

Ich weiß nicht, ob die Mail noch aktuell is, ich versuche es trotzdem! Vielleicht erinnern sie sich noch, ich habe 2010 ihren VW Bus gekauft - 10 Jahre ist es schon her! Und ich habe ihn immer noch! Ich nenne ihn seit Beginn liebevoll Heinrich oder Heine (sie hatten damals gesagt, dass er immer dabei sein wird - und er ist es!) und bei Freunden und Familie ist er einfach nur “der Heinrich”. Mittlerweile steht der alte Mann in Ligurien am Meer - ich bin mit einem Italiener verheiratet und wir verbringen das Corona-Jahr in unserer Wohnung hier. Als ich mit dem Bus durch den St. Gotthard fuhr dachte ich: “Wie häufig er wohl diese Strecke schon gefahren ist?” Und habe mir vorgenommen ihnen zu schreiben.

Ich war die letzten 10 Jahre beruflich viel im Ausland unterwegs, aber der Bus war immer ein treuer Freund, wenn ich wieder in Europa war. Mein Mechaniker ist jedes Jahr beeindruckt, wie gut er noch läuft und wie

wenige Macken in den Jahren dazu gekommen sind. Nur den Rückwärtsgang, den mussten wir machen, nachdem nicht mal ich mehr fähig war ihn einzulegen 😉.

Ich werde ihn die kommenden Monate innen etwas renovieren und von aussen neu lackieren, so dass er auch die nächsten Jahre fit bleibt - dann hoffentlich mit H-Kennzeichen ☺!

Das alles, um einfach zu sagen: er bereitet immer noch grosse Freude und ich bin sehr dankbar, dass wir uns damals gefunden haben! Dankeschön!!

Ganz herzliche Grüsse aus Italien,

Teresa



Was zuvor geschah...

Mein Vater, Heinrich, arbeitete als Raumausstatter & Segelmacher in seinem eigenen Geschäft. Wer selbstständig ist, & vielleicht sogar als Handwerker, der weiss: man arbeitet selbst & ständig – ein Klassiker. Vor allem, wenn man kein Unternehmer sondern alleine für alles verantwortlich ist, oder wie bei uns, nur mit der Unterstützung der Familie.


Urlaube gab es bei uns nur zweimal im Jahr. Einmal im Sommer eine Woche & einmal nach Weihnachten. Denn den Laden zumachen, um Urlaub zu machen, bedeutete:


Keine Kunden = kein Umsatz/kein Geld in der Kasse.


Mein Vater liebte seinen Beruf.

Er sagte einmal, er sei ein „textiler Mensch“. Alles was mit Stoff zu tun hatte, begeisterte ihn & Segeln war seine Leidenschaft. So war es nur logisch, dass er (begabt an der Nähmaschine) irgendwann das nötige Wissen hatte, Segel nicht nur zu reparieren, sondern sie auch selbst anzufertigen (zumindest bis zu einer bestimmten Grösse ;) )


Er arbeitete hart & viel, sehr viel. Es gab eigentlich nie einen definierten Feierabend. War Arbeit da, wurde sie abgearbeitet. Er staffierte tolle Wohnungen mit wunderschönen Dekorationen aus, polstere wahre Schmuckstücke an Möbeln mit wertvollen Stoffen neu auf & reparierte Segel von Menschen die ihm lachend erzählten, auf welch abenteuerlichem Törn dieses Malheur passiert ist.


Im Jahr 2000 beschloss er dann in Rente zu gehen, denn die schwere körperliche Arbeit konnte er nicht mehr gut erledigen.


Das Renter-Loch

Wie viele, die ihren geliebten Beruf aufgeben & in Rente gehen, fiel auch er in das Rentner-Loch. Er hatte keinen wirklichen Grund mehr morgens aufzustehen. Er fühlte sich völlig überflüssig & nutzlos, erhielt keine Wertschätzung mehr & hatte nur noch wenig Kontakt zu anderen Menschen.


Wo vorher noch Terminstress, körperliche Arbeit & der teilweise aufreibende Kontakt mit seinen Kunden war,

war nun nichts mehr.


Nach einem halben Jahr hatte er sich berappelt & eine Aufgabe gefunden:


einen Camper-Bus aus 1986


Die nächsten Monate verbrachte er mit der Umarbeitung des Bullis nach seinen Vorstellungen: er nähte neue Verdunklungs-Vorhänge, passte eine bequeme Matratze an plus noch ein paar weitere Modifikationen…


& dann war er weg.

Der Bulli mit meinem Vater.

Ein halbes Jahr ward er nicht mehr gesehen.

Dafür bekam ich Postkarten überall aus Europa :)


Endlich reiste mein Vater dahin, wo er immer schon mal hin wollte. An die raue Atlantikküste in Frankreich, in die Dolomiten im Winter zum Skifahren & um fangfrischen Fisch zu geniessen an die Nordseeküste.

Er hatte wieder ein Ziel: